Der Persönliche Grundton

Der Persönliche Grundton

Was ist der Grundton?

Die uralte Frage, was der Mensch ist und was ihn mit der Schöpfung verbindet, ist so fundamental, dass sie ewig gestellt werden wird. Und es wird immer Versuche geben, diese Frage zu beantworten. Und stets werden die Antworten unvollständig oder gar unzulänglich bleiben. Religion, Mystik und Philosophie nehmen sich schon immer dieses Themas an – mit unterschiedlicher Intensität und wechselndem Erfolg.

Um den Schöpfungsvorgang zu beschreiben, greifen nahezu alle Schriften und Mythen auf das Phänomen Schwingung zurück, sei es als Ton, Vibration oder Wort. Wer diesen Gedanken weiter denkt, kann zu der Überzeugung kommen, dass Schwingung – und damit die Kraft Ton – die Ursache für die Existenz aller Welten sein muss. Das heißt aber auch, dass diese Kraft die gesamte Schöpfung durchdringt und sich alles Existierende auf seine jeweilige Grundfrequenz zurückführen lässt.

Diese Hypothese auf den Menschen angewendet bedeutet, dass auch jeder Mensch auf einen Ton gestimmt sind. Allerdings gibt es keine Exklusivrecht einer einzigen Frequenz für alle Menschen. Jeder Einzelne schwingt in seinem Ton, jeder Mensch hat seine persönliche tonale Kraft. Durch diese ist er auf seine Weise in die Schöpfung eingebunden. Dieser Ton als Grundlage für dieses Leben bedeutet ihm Ursprung, Heimat, Quelle, Selbst.

Die Idee, dass jeder Mensch auf seinen eigenen Ton gestimmt ist, hat eine lange Tradition. Wir finden Hinweise unter anderem bei Helene Blavatsky und Rudolph Steiner, dem Physiker Joseph Sauveur oder dem Dichter und Philosophen Johann Gottfried Herder. Hier wird gerne vom Seelenton gesprochen, dem inneren Schwingen der Seele. Sie macht sich auf diese Weise bemerkbar und schwingt sich auf zu höchsten Höhen, jenseits der Belastungen und der Trägheit des Körpers. In der indischen Tradition war das Wissen um den Grundton einigen Yogis bekannt (z. B. Swami Nada Brahmananda Sarasvati) und wurde von ihnen als Yogaweg praktiziert. Es gibt auch Hinweise darauf, dass das Wissen um die Kraft des individuellen Tons auch in bestimmten Zweigen des Schamanismus bekannt war. Die heutige Verbreitung in der westlichen Welt fand erst durch Vemu Mukunda statt. Er griff das alte Wissen auf und entwickelte eine praktikable Möglichkeit, diesen Ton sicher zu ermitteln und konkret zu benennen. Die von ihm erfundenen Singübungen lassen die Wirkkraft dieses besonderen Tons entstehen.

Das Konzentrat einer Persönlichkeit

Aber was ist der Persönliche Grundton wirklich? Die Anwort darauf bleibt schwierig, denn ein Teil seiner Existenz wird immer ein Mysterium bleiben. Zum derzeitigen Stand des Wissens kann man davon ausgehen, dass der Persönliche Grundton eine Frequenz ist, die jeder Mensch bei seiner Geburt mit sich bringt. Dieser Ton wird ihn vom ersten bis zum letzten Atemzug begleiten. Ein Mysterium wird bleiben, wann sich diese Frequenz bildet, und warum es genau dieser Ton ist und nicht ein anderer. Diese Fragen lassen sich im Moment nicht beantworten. Klar ist aber, dass dieser Ton nicht ererbt wird. Er bildet sich nicht im Laufe des Lebens, und er ist nicht abhängig von Kultur, Umfeld oder Erziehung. Er ist von Anfang an als innewohnender Schatz existent.

Diesen Ton kann man als Konzentrat der gesamten Persönlichkeit verstehen. Er übernimmt eine Schlüsselfunktion: mit seiner Hilfe lässt sich die Persönlichkeit vollständig erschließen. Da in jedem Menschen alle Kräfte enthalten sind, braucht es nur einen Zugang zu ihnen. Um diesen zu bekommen, müssen zunächst die verschütteten Pforten freigelegt werden. Die Wellenlänge des Persönlichen Grundtons kann als vibrierende Kraft verstanden werden, um die Bahnen dorthin zu ebnen. So führt der Weg direkt zum innewohnenden Potential. Und je nachdem wie frei oder verschüttet diese Pfade sind, kann das Freiräumen länger oder kürzer dauern.

Citta

Um ein noch besseres Verständnis zu bekommen, muss man den westlichen Kulturraum gen Osten verlassen. In der alten hinduistischen Tradition gibt es den Ausdruck citta. Dieser lässt sich nicht direkt übersetzen. Frei formuliert bezeichnet dieses Wort das individuelle Bewusstsein. Dies ist die Ansammlung all jener Erfahrungen, die das Individualempfinden geprägt haben. Die in diesem Verzeichnis registrierten Erlebnissen liegen allerdings im wesentlichen im Unbewussten. So kommt es zu dem verwirrenden Tatbestand, dass der überwiegende Teil unseres Bewusstseins abseits des direkten Zugriffs durch unser Denken liegt. In der Vorstellung des hinduistischen Philosophie können diese Erinnerungen Jahrhunderte alt sein und zu Zeiten entstanden sein, die längst vergangen sind. Die Erinnerung ist allerdings immer noch im citta abgespeichert. Das Singen des Grundtons mit all seinen Varianten und Zusätzen gibt nun die Möglichkeit, das individuelle Bewusstsein qualitativ und quantitativ zu verändern.

Zwölf Töne

In unserem heutigen westlichen Tonsystem unterscheiden wir zwischen 12 verschiedenen Tonhöhen. Jede ist als Persönlicher Grundton möglich. Die Differenzierung in 12 Töne ist genau genug, um eine positive Wirkung hervorzurufen. Gleichzeitig ist sie ungenau genug, um eine Resonanzkatastrophe zu vermeiden. Die notwendige Feinabstimmung übernimmt die Stimme unbewusst und unwillkürlich zusammen mit dem Körper. So kann der gesungene Ton punktgenau und wirkungsstark im inneren System des Menschen Ordnung und Schönheit schaffen.

 

Nur indem das individuelle Einzelwesen sich auf das bezieht und das verlebendigt, worauf es in Resonanz abgestimmt und wozu es be-rufen ist, worin daher auch seine Be-Stimmung liegt, kann es wieder in Über-ein-Stimmung, in einen Ein-Klang mit dem Ganzen gelangen und nun, frei von Ver-Stimmungen den richtigen Ton treffend, in der Symphonie des Lebens und das Alls stimmig mitspielen.

Alexander Lauterwasser

 

 

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